Wording: ADHS-Diagnose. Und warum ich es „Zertifizierung“ nenne

Was meine ich mit Wording?! Sicherlich sind dir im Zusammenhang mit ADHS auch schon Wörter begegnet wie „Betroffene“, „Diagnose“, oder Termini wie „chronische Krankheit“ oder „ADHS ist nicht heilbar“. Alle diese Begrifflichkeiten zeichnen Bilder in die Köpfe von Menschen. In die der neurotypischen ebenso wie in die der neurodivergenten.

Das kann ganz schön frustrierend sein und am Selbstwert nagen.

Mein Tipp: Nur weil du im Internet von ADHS als unheilbare Krankheit liest, aber beispielsweise im Alltag gut klar kommst und dir deiner Stärken bewusst bist, heißt es nicht, dass du dich auch unheilbar krank fühlen und dich selbst als chronisch oder unheilbar krank bezeichnen musst. Du verstehst sicherlich, worauf ich hinaus will.

Als ich im Jahr 2022 meine Diagnose bekommen habe, fiel mir ein Stein vom Herzen. Mir wurde mehr und mehr bewusst, dass ich für meine Teileistungsschwächen, für die Dinge, die mich im Alltag behindern, nichts kann. Und von Woche zu Woche fand ich mehr und mehr zu mir. Weil ich es mir selbst gestattet habe. Ich habe mir erlaubt, meinen Blick, der nach Außen gerichtet war, nun auf mich zu richten. Weg vom Gedanken „um richtig zu sein, müsste ich dieses oder jenes leisten können“, der mich unglaublich viele Energie gekostet hat. Weg vom Vergleich mit anderen, denen Dinge leichter fallen als mir. 

Die Konzentration, die ich auf mich als wichtigsten Menschen in meinem Leben hätte legen sollen, war auf etwas gerichtet, was gar nicht zu meinem Anders-Sein gepasst hat. Und rückblickend betrachtet habe ich schon früh angefangen, eine Sprache zu sprechen, die nicht meine war: Neurotypisch.

Ich fand immer mehr zu mir, meiner Kreativität und meinen Werten zurück. Mir wurde klar wer ich bin, was mir wirklich wichtig ist und ließ immer mehr das los, womit ich mich selbst behindert habe. Ich habe für mich erkannt, dass es nicht die ADHS per se und allein ist, die mich hinter meinen Möglichkeiten zurückbleiben lässt.

Diese Erkenntnis fühlte sich so gut an, dass ich mich nun als ADHS-zertifiziert, denn als diagnostiziert bezeichne. Weil ich jetzt den Mut habe, zu meinen Stärken ebenso zu stehen, wie zu meinen Schwächen. Das mag im ersten Moment paradox klingen. Macht man sich jedoch bewusst, dass Stärken leicht „übersehen“ werden können, wenn die Schwächen im Fokus stehen, dann erscheint die Aussage tragisch wie schön zugleich.